|   | 
                                | 
                             
                             
                              |   | 
                                | 
                             
                             
                               
                                   Allokation von Medien-Zeit
                                 | 
                                | 
                             
                             
                               | 
                                | 
                             
                             
                              |   | 
                                | 
                             
                             
                              |   | 
                                | 
                             
                             
                              |   | 
                                | 
                             
                             
                              |   | 
                                | 
                             
                             
                              |   | 
                               ] | 
                             
                             
                              |   | 
                                | 
                             
                             
                              |   Inhalt  | 
                               ] | 
                             
                             
                              |   | 
                               ] | 
                             
                             
                              |   | 
                               ] | 
                             
                             
                              |   | 
                               ] | 
                             
                             
                              |   | 
                               ] | 
                             
                             
                              |   | 
                               ] | 
                             
                             
                              |   | 
                                | 
                             
                             
                              |   | 
                               ] | 
                             
                             
                              |   | 
                               ] | 
                             
                             
                              |   | 
                                | 
                             
                             
                              |   | 
                                | 
                             
                             
                              |   | 
                                | 
                             
                             
                              |   | 
                                | 
                             
                             
                              |   | 
                                | 
                             
                             
                              |   | 
                                | 
                             
                             
                               | 
                                | 
                             
                             
                               | 
                                 ] | 
                             
                           
                            
                            
                            
                             | 
                         
       
      »Es gibt ein großes und doch ganz alltägliches Geheimnis. 
         
        Alle Menschen haben daran teil, jeder kennt es,  
        aber die wenigsten denken je darüber nach.  
        Die meisten Leute nehmen es einfach so hin und  
        wundern sich kein bißchen darüber.  
        Dieses Geheimnis ist die Zeit.«  
        Michael Ende [1]  
       1 Das Geheimnis der Medien-Zeit
      Eigentlich ist es nicht schwer zu erklären, was Allokation von Medien-Zeit 
        bedeutet. Wie der Umgang mit ‚normaler’ Zeit, ist der Umgang mit Medien-Zeit 
        alltäglich und erscheint somit nicht besonders geheimnisumwittert. Medien-Zeit 
        kann vorerst als eine Teilmenge der einem Individuum zur Verfügung stehenden 
        Gesamtzeit betrachtet werden. Von der Frühstückszeitung, dem Radioprogramm 
        im Auto, dem Handy, Internet und Fax bis zum Kino- oder Fernsehprogramm 
        am Abend treffen Menschen tagtäglich Entscheidungen darüber, ob und mit 
        welchen Medien sie ihre Zeit verbringen. Rein rechnerisch bedeutet dies, 
        dass ein guter Planer 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche bzw. 365 1/4 
        Tage im Jahr auf eine optimale und effiziente Auswahl von Medienaktivitäten 
        ‚verteilen’ kann. Bereits im Vorfeld sollte ein Mediennutzer demnach Klarheit 
        darüber erlangen, ob er beispielsweise mit Medien kommunizieren, sich 
        durch sie unterhalten lassen oder Informationen erlangen will, um maximale 
        Effizienz aus der Verwendung seiner Zeit zu generieren. Da demnach sowohl 
        die Zeit im Allgemeinen und damit auch die Medien-Zeit im Besondern als 
        eine wertvolle und knappe Ressource betrachtet werden kann, gestaltet 
        sich auch ihre Verwendung unter den ökonomischen Gesichtspunkten der Allokation, 
        was nichts anderes bedeutet, als die optimale Zuordnung knapper Ressourcen 
        auf einen optimalen Verwendungszweck. [2]  Und da menschliches Leben zeitlich 
        begrenzt ist, bemühen sich Menschen, mit ihrer Zeit so umzugehen, dass 
        sie nicht das Gefühl haben, sie hätten sie verschwendet. Der Begriff der 
        Medien-Zeit könnte dementsprechend als die Zeit definiert werden, die 
        von Individuen nach einem errechneten Allokationsplan in Medien ‚investiert’ 
        wird. 
      Wenn Medien-Zeit nicht weiter hinterfragt wird, so reicht es demnach 
        für eine ökonomische Betrachtung der Medien-Zeit aus, die chronometrische 
        Zeit, welche Individuen dem Mediengebrauch zuschreiben, zu messen. 
        [3]  
      Doch das Geheimnis der Zeit offenbart sich darin, dass Rechnungen, eben 
        nicht immer aufgehen, [4]  denn auch wenn nach der Uhr 15 
        Minuten vergehen, kann diese Viertelstunde wie eine Ewigkeit oder auch 
        nur als ‚Augenblick’ empfunden werden, je nach dem was ein Individuum 
        erlebt. Medien leben von diesen ‚falschen Rechnungen’, die nach dem Maß 
        der Uhr doch aufgehen: Auch wenn beispielsweise ein Kinofilm gleichzeitig 
        Langeweile und Atemlosigkeit generiert, vergehen trotzdem eine feste Anzahl 
        chronometrisch messbarer Minuten. 
      Medien besitzen demnach mehr zeitliche Eigenschaften, als ihre chronometrische 
        Dauer. Um zu verstehen, wie und warum Medien genutzt werden, muss dieser 
        Zusammenhang zwischen Mediennutzung und Zeit genauer betrachtet werden. 
        Diesen beschrieb Jorge Luis Borges in seiner Metapher der idealen Bibliothek, 
        welche alles potentielle Wissen enthalten würde. 
        [5]  Borges zufolge gäbe es nur eine Entität, welche es dem Nutzer 
        der Bibliothek unmöglich macht, all dieses Wissen zu erlangen: Die Zeit. 
        Borges beschreibt ‚seine’ Bibliothek als unbegrenzt und zyklisch, denn 
        wenn „...ein ewiger Wanderer sie in irgendeiner beliebigen Richtung durchmäße, 
        so würde er nach Jahrhunderten feststellen, daß dieselben Bände in derselben 
        Unordnung wiederkehren (die wiederholt eine Ordnung wäre: Die Ordnung).“ 
        [6]  DIE Ordnung der Medien ist demnach immer eine zeitliche: 
        Sprache temporalisiert die Abfolge der Laute, Film bringt seine Bilder 
        durch Montage in eine zeitliche Struktur und selbst das Computerprogramm 
        folgt einer festgelegten zeitlichen Folge, nach welcher es seinen Quellcode 
        abarbeitet. 
      Borges Beschreibung der Bibliothek verweist darüber hinaus auf die komplizierte 
        Struktur der Zeit. Borges Bibliothek ist ein Möbiusband, 
        [7]  welches keinen Anfang und kein Ende hat, und dessen einziger 
        Unterschied zwischen Innen und Außen ein zeitlicher ist. [8]  Darüber hinaus wird die ‚Zeit 
        an sich’ in Borges Konzeption erst durch Medien wahrnehmbar. Die Wiederkehr 
        der Bücher ist es, welche das Vergehen der Zeit anzeigt. Da Menschen aufgrund 
        ihrer begrenzten Lebensspanne keine „ewigen“ Wanderer sind, bringen sie 
        jedoch eine eigene Ordnung in die Nutzung ihrer ‚medialen Bibliothek’, 
        indem sie ihre Zeit auf verschiedene Medien aufteilen. Das Geheimnis der 
        Medien-Zeit liegt also nicht nur darin verborgen, wie unterschiedlich 
        Individuen Medien-Zeit wahrnehmen, sondern ebenso darin, wie Medien-Zeit 
        den Alltag der Individuen strukturiert und nach welchen Gesichtspunkten 
        Individuen ihre Medien-Zeit organisieren und gestalten. 
      Auf diesem Verständnis aufbauend ist Medien-Zeit nicht nur eine Maßeinheit, 
        für eine bestimmte Zeit des Tages, sondern sie ist ein komplexes, selbstbezügliches 
        Gefüge. Aus diesem Grund besteht das Anliegen dieser Arbeit darin, die 
        vielfältigen Bezüge der Medien-Zeit zu erläutern und für eine ökonomische 
        Theorie nutzbar zu machen, um so die Grundzüge eines Modells der Allokation 
        von Medien-Zeit zu umreißen und das Geheimnis um die Medien-Zeit zu 
        lüften. 
      Da es das ‚Schicksal’ des Textes ist, Komplexität linear zu temporalisieren, 
        um verwobene Zusammenhänge darstellen zu können, benötigt diese Arbeit 
        ein Anfang und ein Ende. Zu diesem Zweck wird das Möbiusband, welches 
        im folgenden symbolisch für den Begriff der Zeit steht, aufgeschnitten, 
        seine Vorder- und Rückseite auf dem zweidimensionalen Papier beschrieben 
        und gedanklich schließlich wieder zum dreidimensionalen Möbiusband zusammengefügt, 
        welches im Erfolgsfall nicht mehr nur ein Geheimnis, sondern eine lesbare 
        ‚Landkarte’ der vierten Dimension – der Zeit – der Medien repräsentiert. 
      Eine umfassende Betrachtung der Einflussfaktoren, im Hinblick auf die 
        Allokation von Medien-Zeit, muss sich in ihrer Vorgehensweise erheblich 
        von ausschließlich quantitativen Zeitallokationsmodellen, der Freizeitsoziologie 
        oder der Werbeträgerforschung unterscheiden, 
        [9]  da sich diesen Ansätzen der Einfluss von Medien auf die gesellschaftliche 
        und individuelle Wahrnehmung von Zeit entzieht. [10]  Um die Komplexität der Medien-Zeit 
        ökonomisch zu erfassen, wird im folgenden Kapitel 2 zunächst ein 
        grundlegendes Verständnis von Zeit ausgearbeitet und mit dem bisherigen 
        ökonomischen Verständnis kontrastiert, wobei geprüft wird, inwieweit die 
        ökonomische Theorie geeignet ist, das Phänomen der Zeit abzubilden. Ausgerüstet 
        mit diesem Wissen erfolgt in Kapitel 3 eine medienwissenschaftliche Darstellung 
        der, in der Bibliotheksmetapher bereits angedeuteten, vielfältigen Bezüge 
        zwischen Medien und Zeit. Abschließend wird im Kapitel 4 auf der Basis 
        des Erarbeiteten, die Vielfalt der Medien-Zeit in ein ökonomisches Modell 
        der Allokation von Medien-Zeit eingebettet. 
          
        [1]  Ende, Michael (1973): S. 57 
         [2]  Kuhn, Thomas / Mauer, Andrea (1995): S. 
        134 
         [3]   Wie dies die hauptsächlich durch Werbewirkungsfragen 
        getriebene Marktforschung tut und zu Ergebnissen kommt, die Mediennutzung 
        „...weitgehend mit Fernseh- oder Radio-Nutzung gleichsetzen...“ IP-Deutschland 
        (2002): S.24 
         [4]   Vgl. Ende, Michael (1973) : S. 57 und Eco, 
        Umberto (1988): S. 97-100 
         [5]  Vgl. Borges, Jorge Luis (1986) 
         [6]  Borges, Jorge Luis (1986): S. 63 
         [7]  Das Möbiusband, welches am Anfang dieser Einleitung 
        abgebildet ist, steht für eine, nach dem Physiker und Astronomen August 
        Ferdinand Möbius (1790-1868) benannte Struktur, welche aus einem Streifen 
        besteht, welcher in der Mitte um 180° gedreht und an seinen Enden zu einem 
        geschlossenen Band verbunden ist. Ein angenommener ‚Wanderer’ auf dem 
        Möbiusband würde ohne den Rand zu überqueren von der Innenseite nach Außen 
        gelangen. Vgl. Naica-Loebell, Andrea (2002): [www] und Tholen, Georg Christoph 
        et al. [Hrsg.] (1993): S. 255 
         [8]   Aus diesem Grund wird das Möbiusband in der vorliegenden 
        Arbeit als das grundlegende Symbol für die Zeit verwandt. 
         [9]   Die sich ausschließlich auf die Erstellung und 
        Interpretation von zeitlichen Tagesablaufstudien, wie sie im Anhang D 
        für Deutschland dargestellt sind, beschränkt. 
         [10]   Vgl. Beck, Klaus (1994): S. 175 und Faulstich, 
        Werner / Steininger, Christian (2002): S. 7  
       |